FFF

Sabine Arndt-Lappe: "Welche Rolle spielen semantische Faktoren bei der Betonung zweigliedriger englischer Komposita? eine korpusbasierte Studie zur Framesemantik"

Anders als im Deutschen ist die Betonung zweigliedriger nominaler Komposita im Englischen variabel. Beispielsweise tragen cóurt room (‚Gerichtssaal’) und wátchmaker (‚Uhrmacher’) den Hauptakzent auf der linken Konstituente, während bei silk tíe (‚Seidenkravatte’) und summer dréss (‚Sommerkleid’) der Hauptakzent auf der rechten Konstituente liegt.

Die Frage, welche Faktoren die beobachtete Variabilität determinieren, hat die morphologische Literatur seit langem beschäftigt. Eine weitverbreitete These ist, dass semantische Faktoren hier eine wichtige Rolle spielen. Jedoch herrscht wenig Einigkeit darüber, welcher Natur diese semantischen Faktoren sind, die für die Kompositabetonung relevant sind; vielmehr findet sich in der Literatur eine sehr heterogene Menge von Kategorien. Demnach ist beispielsweise für die Betonung von silk tíe relevant, dass die beiden Konstituenten in einer bestimmten semantischen Beziehung zueinander stehen (‚Material’), die unabhängig von der semantischen Struktur der Einzelkonstituenten gedacht ist. Demgegenüber ist für wátchmaker wichtig, ob oder ob nicht eine syntaktische oder semantische Argument-Kopf-Beziehung herrscht. Darüber hinaus gibt es die These, dass für Fälle wie summer dréss die Beziehung zwischen den Konstituenten keine Rolle spielt, sondern die semantische Kategorie von summer (d.h. eine temporale Kategorie).

Im Vortrag werde ich eine Korpusstudie vorstellen, die sich mit der Frage beschäftigt, inwieweit semantische Kategorien tatsächlich einen Einfluss auf die Betonung von Komposita im Englischen haben, und ob sich die heterogene Gruppe von Kategorien unter einem gemeinsamen Prinzip vereinbaren lässt. Speziell werden wir der Frage nachgehen, inwieweit die Framesemantik ein solches gemeinsames Prinzip liefern kann. Die Korpusdaten kommen aus dem Boston Radio Speech Corpus (Ostendorf et al. 1996), das bereits für eine Reihe von Publikationen zur Kompositabetonung verwendet wurde (z.B. Plag et al. 2008, Kunter 2009, Lappe 2009, Plag 2009). Es wird darum gehen statistisch zu überprüfen, inwieweit die semantischen Kategorien, wie sie in FrameNet (Fillmore et al., framenet.icsi.berkeley.edu) bereitgestellt werden, geeignet sind, Betonung in den Korpusdaten vorherzusagen. Die Ergebnisse werden verglichen mit den Ergebnissen der genannten Studien zum gleichen Korpus.

 

 

zitierte Literatur

Fillmore, Charles, et al., The Berkeley FrameNet Project. framenet.icsi.berkeley.edu.

Kunter, Gero (2009), Compound stress in English. The phonetics and phonology of prosodic prominence. Dissertation, Universität Siegen.

Lappe, Sabine (2009), Towards an exemplar-based model of English compound stress. eingereicht.

Ostendorf, Mari, Patti Price & Stephanie Shattuck-Hufnagel (1996), Boston University Radio Speech Corpus. Philadelphia: Linguistic Data Consortium.

Plag, Ingo, Gero Kunter, Sabine Lappe, & Maria Braun (2008), ‘The role of semantics, argument structure, and lexicalization in compound stress assignment in English’. Language 84.4, 760-794.

Plag, Ingo (2009), Compound stress assignment by analogy: The constituent family bias. eingereicht.