WIEDERKEHR DER FOLTER?

Rechtliche Aufarbeitung der Darstellung der Folter in den audiovisuellen Medien

Bearbeitet von Heike Lesch

Das medienrechtliche Teilprojektgreift drei Fragestellungen auf, die sich mit der rechtlichen Aufarbeitung der Darstellung der Folter in den audiovisuellen Medien auseinandersetzen. 

Zum einen wird der Frage nachgegangen, warum es kein explizites Darstellungsverbot der Folter gibt und warum diese im Strafgesetzbuch (StGB) und in den verschiedenen Jugendschutzgesetzen auch sonst nicht erwähnt wird. Verboten sind „lediglich“ bestimmte Formen der Darstellung der Gewalt  (§ 131 StGB, § 15 II Nr. 1, 18 I 3 JuSchG, § 4 I Nr. 5 JMStV) und der Verletzung der Menschenwürde (§ 15 II Nr. 3 JuSchG, § 4 I Nr. 8 JMStV). Anhand der Gesetzesmaterialien werden dabei die Entstehungsgründe dieser Verbote daraufhin untersucht, ob bei der Entwicklung der Normen auch die Folter berücksichtigt wurde. Zugleich wird anknüpfend an die medienwissenschaftliche Aufarbeitung der Folterdarstellung gefragt, ob im Rahmen öffentlicher Diskussion über derartige Darstellungen auch die Forderung nach rechtlichen Maßnahmen erhoben wurde und ob und wie Gesetzgeber, Rechtswissenschaft und juristische Praxis darauf reagierten. 

Zum anderen stellt sich die Frage, inwieweit die bestehenden Verbote der Darstellung von Gewalt und Menschenwürdeverletzungen heute bei der rechtlichen Bewertung von Filmen und Fernsehsendungen mit Folterszenen herangezogen werden. Hierzu sind in erster Linie die Entscheidungen der Freiwilligen Selbstkontrolle (FSK, FSF), aber auch der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien und gegebenenfalls der Gerichte dahingehend zu untersuchen, ob und wie sich die Prüfgremien mit dem Phänomen der Folterdarstellung beschäftigt haben. Haben sie Folter überhaupt als solche erfasst oder wird diese unter einen allgemeinen Gewaltbegriff subsumiert? Gibt es möglicherweise in der aufsichtsrechtlichen Reaktion auf Folterdarstellungen eine Erosion, eine zunehmende Vernachlässigung oder gar eine Akzeptanz solcher Inhalte? In diesem Zusammenhang wird auch überprüft, ob bei der medienrechtlichen – wie auch bei der vorausgehenden medienwissenschaftlichen – Analyse der Folterdarstellungen und ihrer aufsichtsrechtlichen Bewertungen derselbe Folterbegriff  zugrunde gelegt werden kann, der für die Beurteilung der so genannten „Rettungsfolter“ erarbeitet wurde. 

Schließlich wird untersucht, ob und inwieweit die Folter bejahende Darstellungen Auswirkungen bei den Betrachtern haben und ob diese medienrechtlich relevant sind. Dieser Frage wird durch eine im Rahmen des Projektes durchgeführte medienwissenschaftliche Studie sowie durch eine verfassungsrechtliche Erörterung zur Zulässigkeit und zu den Grenzen eines etwaigen Verbots der Folterdarstellung im Hinblick auf grundrechtlich geschützte Freiheiten der Produzenten (Kunstfreiheit, Berufsfreiheit) und der Konsumenten (allgemeine Handlungsfreiheit, Informationsfreiheit) nachgegangen. In diesem Kontext werden auch andere Möglichkeiten einer rechtlichen Reaktion (z.B. Aufklärungspflichten) problematisiert.