Die Ideen des chinesischen Konfuzianismus
(Ru Jia ) sind in Japan schon während
seiner ersten Blüte im China der Han-Zeit (2. Jh. v. Chr. - 2. Jh. n. Chr.) durch
diplomatischen Verkehr, Handel und Übernahme der chinesischen Schriftzeichen bekannt und
verbreitet wor-den. Literarischen Niederschlag fanden sie zuerst in den Reichsannalen
(Nihongi, 714-720) und frühen Gesetzgebungen (Kempo-jushichi-jo, 17-Artikel-Verfassung
von 604 und Omi-ritsu-ryo 701-757), welche zeigen, daß sie damals allgemeines Gedankengut
der feudalen Gesellschaft und ihrer Regierungspolitik waren. Wie der klassische
chinesische war auch der japanische alte Konfuzianismus diesseitsausgerichtet,
realistisch-sensualistisch und pragmatistisch, er propa-gierte die Reichseinheit unter
einem starken Kaisertum und feudalem Vasallentum und lehrte die entsprechenden Tugenden,
er wirkte zivilisatorisch durch alle Lebensbereiche stilisierende feine Sitten und Riten,
und nicht zuletzt erweckte er den Sinn für Wissenschaft und Gelehr-samkeit, für
chinesische Schrift und die dadurch übermittelten chinesischen Klassikertexte. Hofdamen
entwickelten aus vereinfachten chinesischen Schriftzeichen eine alphabetische Lautschrift,
in der dann eine seither klassische schöne Literatur in reiner japanischer Lautschrift
(Hiragana und Katakana) artikulierbar wurde. In vielen Bereichen reinigte und verstärkte
der Konfuzianismus die im einheimischen Shinto vorhandenen ethischen und ästhetischen
Tendenzen und verschmolz mehr oder weniger mit diesen.
Erst im 16. Jahrhundert nahm der Konfuzianismus in Konkurrenz mit dem ebenfalls aus China
eingedrungenen Buddhismus die Gestalt schulmässig gelehrter Bildung an. Grundlage dafür
wurde der seit der Song-Zeit (960 - 1127) in China entwickelte und stark idealistisch
ausgerichtete Neukonfuzianismus des Zhu Xi (1130-1200) bzw. Zhu Zi (
"Meister Zhu", japanisch: Shushi). Diese Richtung heißt daher auch in Japan
nach ihrem chinesischen Gründermeister Shushigaku.